Text: Marino Pagano
Unsere Reise durch die Region Abruzzen führt uns weiter in die sanften Hügel von Teramo, ins Herz der zweiten Etappe der „Abruzzo Food Experience 2025“. Dieses Projekt lädt dazu ein, das Gebiet nicht nur mit den Augen, sondern mit allen Sinnen zu entdecken. In Campovalano, einem Ort, an dem die Erde ihre Geheimnisse über Jahrtausende bewahrt hat, befindet sich eine der größten italischen Nekropolen Mittelitaliens. Beim Besuch hat man das Gefühl, auf den Adern der Geschichte zu wandeln. Neben dieser verborgenen Landschaft pulsiert das tägliche Leben in kulinarischen Höchstleistungen: Edelschimmelkäse, Wurstwaren vom schwarzen Schwein, fruchtiges Olivenöl, Anisbrot, gerösteter Dinkel, dunkler Hügelhonig. Und über allem: die berühmten „Virtù“. Ein kulinarisches Kompendium aus Jahreszeiten, Tradition und Gemeinschaft. Hülsenfrüchte und Getreide, frisches und getrocknetes Gemüse, Fleisch aller Art und hausgemachte Pasta vereinen sich zu einem kollektiven Ritual, das verbindet und bewahrt – das „Königsgericht“ von Teramo.

Am Nachmittag wenden wir uns dem Meer zu. Wir erreichen Giulianova, eine lichtdurchflutete Stadt an der Adriaküste. Hier gönnen wir uns eine Pause voller Schönheit und Einkehr: der Besuch des Heiligtums der Madonna dello Splendore, ein Kloster und Wallfahrtsort, der die Stadt von oben überblickt. Kunst, Glaube und Landschaft verschmelzen zu einem einzigen Atemzug. Doch zuvor öffnet sich ein weiteres Kapitel: der Besuch des Weinguts „Faraone“, einer exzellenten önologischen Realität. Der Montepulciano d’Abruzzo erzählt von der Geduld langer Zeiten, der Pecorino weckt den Gaumen mit Präzision. Jeder Schluck trägt die Sorgfalt des Weinbergs und den diskreten Stolz jener, die produzieren, um zu bewahren.

Am Abend kehren wir zurück an den Tisch – zu einer letzten, ganz teramanischen Mahlzeit. In Canzano, zwischen den Hügeln der Provinz Teramo, findet unsere gastronomische Reise ihr letztes Licht. Das Restaurant „La Tacchinella“ empfängt mit kluger, eleganter und ehrlicher Küche. Hier beschließt das traditionelle Mahl von Teramo – mit würzigen Brühen, Braten und köstlichen Süßspeisen – würdevoll den Tag. Im Speisesaal gleiten die Worte über die Tischdecken. Manche hören zu, andere beobachten, wieder andere denken bereits an die Rückkehr. „La Tacchinella“ ist ein Ort, der Erinnerung mit Anmut bewahrt – eine feine Art, der Erde „Danke“ zu sagen, bevor man sie verlässt. Auch mit Gesängen und Tänzen, die Zeugnisse eines lebendigen Landes sind.

Die Nacht kommt mit Leichtigkeit, wenn alles seinen Platz gefunden hat: Geschichte, Essen, Landschaft. In diesem Teil der Abruzzen, mit einer Landschaft voller Magie und Hügeln, erkennt man, dass jeder Ort mehr als ein Gesicht hat. Und jedes Gesicht braucht seine Zeit, um sich zu zeigen. Vielleicht ist es genau das, was die Abruzzen tun: Sie hinterlassen ein erfülltes Schweigen. So endet dieses Land nicht – es bleibt in dir und lebt weiter in deinen Erinnerungen.