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Sextantio: Authentisch wohnen im Herzen der Abruzzen

In Santo Stefano di Sessanio – ein „albergo diffuso“, das Erinnerung und Identität zwischen Kerzenlicht, Stille und den Aromen der Abruzzen bewahrt.

Sextantio: Authentisch wohnen im Herzen der Abruzzen

Text: Elvira D’Ippoliti

Das „albergo diffuso“ Sextantio in Santo Stefano di Sessanio in den Abruzzen bietet weit mehr als nur eine Unterkunft. In einem der Zimmer zu übernachten, die in den alten Häusern des mittelalterlichen Dorfes eingerichtet wurden, ist ein echtes Erlebnis. Es bleibt im Herzen derjenigen, die es erleben. Ich komme an einem klaren Herbsttag in Santo Stefano di Sessanio an. Nach einer Kurve auf der Bergstraße sehe ich den Medici-Turm, der über dem Dorf thront. Santo Stefano liegt eingebettet in eine Landschaft, die mit ihrer Schönheit verzaubert. Diese Region der Abruzzen, nicht weit von L’Aquila entfernt, ist eine ständige Quelle des Staunens. Unberührte Natur und Dörfer, die ihre Authentizität bewahrt haben. Fünfzehn dieser Orte haben sich nun zu einem neuen Reiseziel zusammengeschlossen: „Paesi Narranti del Gran Sasso“.

Einige Tage vor meiner Ankunft erhielt ich von Sextantio eine E-Mail mit hilfreichen Informationen. Darin wurde mir auch erklärt, wo ich mein Auto parken kann – ein wertvoller Hinweis in einem Dorf, in dem man sich hauptsächlich zu Fuß bewegt. An der Rezeption bekomme ich einen großen Schlüssel für meine Unterkunft. Ich werde zu dem Haus begleitet, in dem sich mein Zimmer befindet. Im Erdgeschoss gibt es einen gemütlichen Gemeinschaftsraum mit einem Tisch, an dem man sich niederlassen und – wenn man möchte – mit anderen Gästen ins Gespräch kommen kann. Der angenehme Duft von Sauberkeit fällt mir sofort auf. Das Licht der natürlichen Kerzen, die alle Räume von Sextantio erhellen, schafft eine warme und entspannte Atmosphäre. Die Einrichtung ist schlicht, aus recycelten Materialien, aber voller Charme. Eine einfache Holztreppe führt mich in das obere Stockwerk. Mein Zimmer empfängt mich mit seiner Einfachheit und einer schwer zu beschreibenden Wärme.

Erst nach einigen Stunden wird mir klar: Die Authentizität der Möbel, das hohe Eisenbett, der knarrende Schrank, der funktionierende Kamin, die Kerzen und die Wände, die die Spuren der Zeit nicht verbergen – all das ist eine unveränderte Kulisse aus vergangenen Zeiten. Sie erlaubt mir, einige Tage wie früher zu leben, jedoch mit dem Komfort eines modernen Badezimmers. Und sie lässt mich vollständig in diese alte Atmosphäre eintauchen. Die Arbeit von Daniele Kihlgren, dem Gründer und Eigentümer von Sextantio, ist beeindruckend. Die Idee, die Erinnerung und Identität des Ortes zu bewahren, ist ein Akt der Liebe. Und dieser hat auch mich berührt. Ich erkenne, dass in einer Gesellschaft, in der Geduld und das natürliche Lebensrhythmus oft verloren gehen, Sextantio eine Rückkehr zu den Ursprüngen ermöglicht. Ohne große Umbrüche findet man hier Ruhe und Wohlbefinden.

Die Nacht ist ruhig und erholsam. Die Stille ist die perfekte Hintergrundmusik. Wenn ich mich im Zimmer bewege, begleitet mich das Knarren der Holzdielen und das sanfte Geräusch meiner Gedanken, die zur Gelassenheit finden. Zum Frühstück gehe ich in die „Opificio“, nur wenige Schritte von meinem Zimmer entfernt. Die Gassen des Dorfes sind mit alten Kieselsteinen gepflastert. Wenn sich zwischen den Bögen und Durchgängen der Blick öffnet, übernehmen die Berge die Szene – ein Anblick, der mir den Atem raubt. Kerzen auf dem Steinboden weisen mir den Weg zum Frühstücksraum. Auch hier ist der Charme der ursprünglichen Struktur spürbar. Kleine Fenster öffnen sich zur umliegenden Natur, die von einem Schleier aus Wolken gestreift und vom Morgenlicht gewärmt wird. Der Duft von frisch gebackenem Brot ist ein echter Luxus, der das Leben feiern lässt. Ich nehme mir einige Scheiben und freue mich auf die hausgemachte Marmelade und die Butter, die wie ein fester Sahnewolke aussieht. Alles schmeckt köstlich. Das Frühstücksbuffet bietet weitere Leckereien: hausgemachte Kuchen, Omeletts, Wurstwaren, Käse, Joghurt und Marmelade. Der Geschmack der Butter erinnert mich an meine Kindheit. Ich blicke aus dem Fenster und sehe, wie die Wolken mit den Bergen Verstecken spielen. Ich verlasse den Tisch voller Energie und Tatendrang. Die Traditionen der Vergangenheit sind der ideale Treibstoff für das Leben von heute.

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