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Cagliari, Auf die Spuren des Heiligen (mit weltlichen Pausen)

Vom Viertel Stampace her gesehen, scheint Cagliari sicherlich keine Hafenstadt.

Cagliari, Auf die Spuren des Heiligen (mit weltlichen Pausen)

Text und Fotos: Elvira D’Ippoliti

Sardinien-Cagliari-TiDPress (3)Sardinien-Cagliari-TiDPress (6)Cagliari – Auf dem kleinen Platz vor der Kirche von Sant’Efisio, im historischen Stadtviertel Stampace, spielt ein Mädchen mit ihrem Puppenwagen. Die warme Sonne erhellt die Farben der Fassade. Hier ist der Startpunkt der bekanntesten Prozession Sardiniens. Jedes Jahr beginnt die Statue des Heiligen Efisio am 1. Mai pünktlich um zwölf Uhr ihre Reise nach Nora. Der Weg innerhalb der Stadt ist immer derselbe, und um Cagliari tief in die Augen zu schauen, sind wir auf den Spuren des Heiligen gegangen. Erzählungen vom Fest haben wir gehört und Fotos gesehen, doch was uns die Stadt mit ihren Gassen, Kirchen, Geschäften und Restaurants jeden Tag zu sagen hat, ist noch faszinierender. Die Via Sant’Efisio ist eine steile Gasse, an deren Seiten sich noch engere Straßen öffnen. Das Mädchen spielt ungestört in diesem Viertel, wo auch die Gebäude fast wie Puppenhäuser aussehen. Viele Mauern müssten renoviert werden, aber direkt neben der Kirche blicken wir auf einen fast noblen, kleinen Palazzo, dessen Verputz neu gestrichen worden ist und wie die Fassade der Kirche von Sant’Efisio glitzernd gegen den blauen Himmel scheint.

Vom Viertel Stampace her gesehen, scheint Cagliari sicherlich keine Hafenstadt, aber da ihr Name auf sardisch „Casteddu“ (Schloss) lautet, versteht man auch, wie die Ausgewogenheit zwischen Meer und Höhe verteilt ist. Die für uns imaginäre Prozession biegt am Ende der Via Sant’Efisio nach links, hält sich rechts auf der Via Azuni bis zur zentralen Piazza Yenne. Hier reihen sich hintereinander immer vielbesuchte Cafés auf. Die weiße Silhouette der „Torre dell’elefante“ thront auf der Piazza, doch der weitere Weg des Heiligen führt in Richtung Meer. Auf dem breiten Corso Vittorio Emanuele öffnen sich viele Geschäfte und Restaurants. Wir suchen uns die traditionsreiche „Zia Peppina“ aus, eine „Tante“, die noch wie in alten Zeiten sardische Kekse in ihrer Hausküche bäckt. Man versteht hier bei Tisch sehr viel von Sardinien. Die Gastfreundschaft hat den Geschmack einer Gesellschaft, in der man sich für das gemeinsame Essen noch Zeit nahm. Auch bei den Rezepten rennt man der Modernität nicht hinterher. Gefüllte Pasta wird noch mit viel Geduld vorbereitet, und das Spanferkel wird lange auf der Glut gegrillt. Während man auf das Essen wartet, kann man immer frisch gebackenes Brot mit Schinken genießen.

Sardinien-Cagliari-TiDPress (2)Sardinien-Cagliari-TiDPress (4)Sardische Küche probieren man auch immer entlang des Weges des Heiligen im Restaurant „Ammentos“. Kurz davor, in der Via Sassari, befindet sich ein Antiquitätenladen. Bei „Neri Antiquariato“ ist es möglich, ein Bild mit Szenen aus dem sardischen, ländlichen Leben zu kaufen. Die Prozession des Heiligen Efisio wird von Gruppen in Trachtenkleidung aus ganz Sardinien begleitet: Vielleicht sind manche Frauen wie die auf dem Ölbild angezogen. Wenn man die Straße überquert, erlebt man in der „Locanda Caddeo“ die junge Atmosphäre von Cagliari. Hier trifft man sich beim Aperitif oder um die guten Focaccia mit verschiedenen Füllungen zu genießen. Das Ambiente ist einfach und angenehm, und wenn man immer traditionsgerecht bleiben will, kann man eine kalte Platte mit sardischer Salami und einem Glas Carignano bestellen.

Die Via Angioi legen wir mit Blick auf das Stadtviertel Castello zurück, während die nächste Etappe, die breite und elegante Largo Carlo Felice, der Annährung ans Meer gewidmet ist. Langsam gehen wir nach unten und schauen uns die viele Geschäfte an. Hier zeigt Cagliari sein Metropolen-Gesicht mit viel Verkehr und einer Prise Hektik. Eine geeignete Pause kann im Caffè Svizzero stattfinden: ein Kaffeehaus wie in alten Zeiten, das originalgetreu restauriert worden ist.

Wir sind am Lungomare angekommen. Die weiße Silhouette des früheren Gemeindepalasts mit den zwei Türmen und dem imposanten Eingang ist der Standort, wo der Stadtrat dem Heiligen seine Ehrerbietung bezeugt. Efisio wurde von der Stadt verehrt, als in Cagliari die Pest ausgebrochen war; der Märtyrer rettete sie damals, wie auch später, gegen den Angriff der Franzosen. Bunte Blumenblätter haben die Straßen von Cagliari in einen Teppich verwandelt, auf dem die traditionelle Kutsche von zwei ausgesuchten und mit Blumen geschmückten Ochsen gezogen wird.

Sardinien-Cagliari-TiDPress (1)Sardinien-Cagliari-TiDPress (1)Der Hafen von Cagliari ist belebt und riecht nach Wasser und Ferne. Wenn man in Sardinien bleiben will, kann man mit der Eisenbahn (Ferrovie dello Stato) oder der regionalen ARST (beide Bahnhöfe befinden sich direkt neben dem Weg des Heiligen) eine Reise programmieren. Jetzt ist der Heilige Efisio im Begriff, die Stadt zu verlassen. Er wird noch entlang des Hafens auf der Via La Plaia begleitet. Unser Ziel ist der Fischerdorf Giorgino und man erreicht es mit einer Fahrt von einigen Minuten. Der Dorf ist winzig; die Kirche von Sant’Efisio befindet sich etwas außerhalb der kleinen, bunten Häuser. Ein Hof öffnet sich in einem Garten, die Kuppel der Kirche ist mit bunter Majolika bedeckt. Hier zieht der Heilige Efisio bequemere Kleider für die Weiterreise an, und die Stadtkutsche wird mit einer bequemeren ausgetauscht. Die Prozession innerhalb der Stadt endet hier. Im Hof stehen Eisentische und Stühle: „La Corte in Giorgino“ ist ein Restaurant, wo man rasten kann, bevor die Reise weitergeht.

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