Terra Italia

SuperSoave: Weißwein aus schwarzer Erde

Ruggero Gianfelici

Auf dem Fahrrad durch das am dichtesten mit Rebstöcken bepflanzte Gebiet Europas. Ein Weinkeller in einem Schloss aus dem 13. Jahrhundert. Der „Ardens“ geht auf die Antike zurück.


Die Weinberge und die Burg von
Soave (Foto: R.Bruetting)

Soave (Terra Italia) – Auf der Serenissima-Autobahn vom Gardasee in Richtung Venedig liegt 10 km nach der Mautstelle Verona die Ausfahrt „Soave“. Die stolze mittelalterliche Kleinstadt mit knapp 6000 Einwohnern ist möglicherweise schwäbischen Ursprungs und hat einem der berühmtesten italienischen Weißweine den Namen gegeben. Das „Soave-System“ ist das dichteste Weinbaugebiet in Europa: Von einer Gesamtfläche von 12.000 ha nehmen die Weingärten 8.000 ha ein. Sie „umhüllen“ sozusagen die gesamte Landschaft sowohl in der Ebene als auf den Anhöhen und umfassen insgesamt 13 Gemeinden. Die Produktion beträgt über 50 Millionen Flaschen, von denen gut 40% nach Deutschland exportiert werden. Die gesamte Provinz Verona erzeugt jährlich 120 Millionen Flaschen DOC-Wein (kontrollierte Ursprungsbezeichnung), ebensoviel wie die Toskana.
Die schwarze Erde vulkanischen Ursprungs ist reich an jenen Elementen, die für eine ausgewogene Entwicklung der Rebstöcke mit den weißen Garganega- und Trebbiano-Trauben entscheidend sind. Ein mildes und sanftes Klima trägt das Seine dazu bei. Der Rundweg beginnt im Zentrum von Soave, das von einer Stadtmauer umgeben wird. Diese erstreckt sich auf einem leichten Hügel bis zur eindrucksvollen Burg, die das gesamte Gebiet beherrscht, das man auf verschiedenen Wegen zu Fuß oder mit dem Fahrrad durchqueren kann.
Der erste Weinkeller, dem ich einen Besuch abstatte, ist der von „Giuseppe Coffele“. Der Besitzer ist seit mehr als 30 Jahren Winzer und kann sich der Ehre rühmen, zu den „offiziellen“ Weinlieferanten des Vatikans zu gehören. Ich habe drei Weine probiert: einen sehr hellfarbigen „Soave DOC classico“ 2002 von frischem, intensivem Aroma, das aber nur kurz anhält; dann einen „Ca Visco“ 2001, der ein ausgeprägtes und differenzierte Bukett und einen kräftigen, herzhaften Geschmack hat; zum Schluss die Spitzenleistung des Betriebs, einen Recioto di Soave mit der Bezeichnung „Le Sponde“. Er wurde als Dessertwein beim offiziellen Abendessen verwendet, das im August 2003 im Rathaus von Verona anlässlich des Besuchs von Bundeskanzler Gerhard Schröder und EU-Präsident Romano Prodi stattfand.
Und genau über den Recioto di Soave möchte ich noch einige Worte verlieren. Dieser Süßwein passt ideal zu Nachspeisen, ist aber auch zur „Meditation“ geeignet. Er wird in ältesten Überlieferungen bezeugt: Einige Schriften des 5. Jahrhunderts (so ein Brief von Cassiodor) erwähnten einen Süßwein mit ähnlichen Eigenschaften. Heute wird diese Tradition am vollkommensten vom Spumante Recioto di Soave Classico mit dem Namen „Ardens“ verkörpert, den die „Cantina del Castello“ erzeugt. Er beruht auf Flaschengärung und hat ein leichtes Depot. Um das süße, „antike“ Bukett dieses Wein und seine Identität richtig würdigen zu können und um sein Aroma langsam entfalten zu lassen, habe ich ihn im alten Weinkeller des Gebäudes aus dem 13. Jahrhunderts verkostet, wo sich der Firmensitz befindet. Das Ergebnis war intensiv und positiv. Ich möchte dazu einladen, diese „einzigartige“ Erfahrung an Ort und Stelle zu wiederholen. Der „Ardens“ wird in der Tat nicht ausgeführt, und die begrenzte Produktion hat zur Folge, dass er außerhalb der Provinz Verona kaum anzutreffen ist.
Der weitere Rundweg führt zur Firma „Monte Tondo“, die sich vor allem durch ihre strategische Lage auf den sanften Hügeln in ein paar Minuten Entfernung von der Autobahnauffahrt auszeichnet. Der Speisesaal ist gut eingerichtet und kann leicht zahlreiche Reisegruppen auf der Durchfahrt empfangen. Diese können auch ein kleines landwirtschaftliches „Museum“ bewundern, wo einige von Bauern seit dem Ende des 19. Jahrhunderts benutzte Arbeitsgeräte und Maschinen gesammelt sind, die von einer weiten Vorhalle geschützt werden. In den nächsten Monaten werden auch Räume eingerichtet, wo die Gäste in völliger Ruhe nach dem Modell „Bed & Breakfast“ übernachten können. Abgesehen davon, dass ein sehr guter Soave angeboten wird, hält der Betrieb auch einige Schweine, deren Fleisch für die „soppressa“, eine schmackhafte Rohwurst, die nach den Vorschriften alter Bräuche dieses Gebiets lediglich mit Knoblauch, Salz und Pfeffer gewürzt wird.
Während der Fahrt erklärte mir Aldo Lorenzini, der Direktor des Konsortiums zum Schutz des Soave-Weins, dass es trotz des bereits erreichten hohen Preis-Leistung-Verhältnisses ständig darum bemüht ist, die Marke „Soave“ zu sichern und strenge Qualitätskontrollen durchzuführen. Hierzu werden auf dem europäischen Markt angebotenen Weinen Proben entnommen. Auch die Qualität der Weinerzeugung werde ständig verbessert und weiterentwickelt. Es gebe zwar erprobte Techniken, aber man nutze noch nicht alle Neuerungen in der Rebenzucht und bei der Reifung des Weins; beispielsweise verwende man noch keine ovalen Fässer.
Man gewinnt den Eindruck, eine Landschaft nach dem Maß des Menschen zu besuchen. Sie ist sehr fruchtbar und entwickelt, hat eine stolze, sehr herzliche und gastfreundliche Bevölkerung, die den eigenen Ursprüngen anhängt. Hier ist das für den Soave-Wein geschaffene Motto „Trinke mehr, freue dich mehr“ wortwörtlich genommen worden.


Signor Coffele präsentiert
den Wein für Prodi und Schröder
(Foto: R.Bruetting)
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