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ReisewegeAuf den Spuren Piero Della Francescas in Arezzo

Anne-Sophie Legge



 Arezzo und die Dörfer Sansepolcro und Monterchi bieten eine einzigartige Gelegenheit, Werke und Heimat Piero della Francescas zu entdecken

Arezzo (TidPress) – Liebhaber der Renaissancekunst besuchen Arezzo bis 22. Juli, um dort den aufwendig restaurierten Freskenzyklus der „Legende des wahren Kreuzes“ zu begutachten. Die Fresken, die Piero della Francesca für die Franziskanerkirche anfertigte, zeichnen die Geschichte des Holzes nach, mit dem Jesus der „Legenda Aurea“ (goldene Legende) Jacopo da Varazzes (1228 -1298) zufolge gekreuzigt wurde. Sie gelten als eines der Hauptwerke der italienischen Renaissance. Die Legende erzählt von der Hinrichtung Christi über den Sieg des Kaisers Konstantin im „Zeichen des Kreuzes“, bis zur Wiederauffindung des Holzes in Jerusalem.

Porträt von F. da Montefeltro
Florenz, Uffizien

Die Königin von Saba(Ausschnitt)
Arezzo, Basilika San Francesco

Ein Besuch in Arezzo am Fuße des Apennins lohnt durchaus. Neben der Bacci-Kapelle lockt die Stadt sowohl mit Piero della Francescas „Magdalena“ im Dom und Überresten der Etrusker und Römer als auch mit vorzüglicher toskanischer Gastronomie und monatlich stattfindenden Antiquitätenmärkten. In den kommenden Monaten wird hier jedoch die Ausstellung „Piero della Francesca und die italienischen Höfe“ des Museo Statale d´Arte Medievale e Moderna im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Gemälde, Fresken, Medaillen, Manuskripte und Traktate des Meisters und zeitgenössischer Künstler verdeutlichen die Beziehungen des politisch einflussreichen, doch unabhängigen Denkers Piero della Francesca zu den mächtigen Höfen in Mittelitalien und an der Adria. Pisanellos Medaillon des Sigismondo Pandolfo Malatesta, Signorellis „Presentazione al Tempio“, Van der Weydens „Compianto sul Cristo morto“ und viele weitere faszinierende Werke aus den bedeutendsten Sammlungen der ganzen Welt lassen die Inspirationen Piero della Francesca erahnen und rekonstruieren Klima und Kultur der damaligen Höfe.
Einen Höhepunkt stellt die dank der Recherchen zur Ausstellung erst vor kurzem in einer Privatsammlung entdeckte „Madonna col Bambino“ dar, die für Pieros erstes Meisterwerk gehalten wird und seit den 50er Jahren verschwunden war. Pieros Stil wirkt zwar unpersönlich, ist jedoch unglaublich ausdrucksfähig. Seine Arbeiten scheinen monumental und poetisch zugleich und zeugen von der intellektuellen und spirituellen Größe des Künstlers.
Einige transportunfähige Werke integrieren die Kuratoren virtuell in die Ausstellung. Die auf Leinwände projizierten Bilder durchleuchten geometrische Formen, um Pieros ausgeprägtes Abstraktionsvermögen und sein Gespür für Proportionen und Körpervolumen zu unterstreichen. Naturalistischen und architektonischen Hintergründen widmet der Künstler zahllose Details.
Ein Glück, dass Pieros Vater eine Kaufmannslaufbahn für seinen erstgeborenen Sohn vorsah und Piero –neben seinen Anfängen in der Werkstatt des einzigen prominenten Künstlers von Sansepolcro – in die Lehre zu einem Rechenmeister schickte. Das Mathematik-Genie Piero konnte so später die Wissenschaft in seine Kunst miteinbeziehen, perspektivische Raumdarstellungen sowie Lichtverhältnisse exakt berechnen und damit die gesamte folgende Kunstgeschichte revolutionieren.
Durch einladende Berglandschaften und grüne Täler, eingefasst von Weinbergen und Olivenhainen, geht unsere Reise weiter nach Sansepolcro, wo Piero um das Jahr 1412 geboren wurde. Neben drei weiteren Werken Piero della Francescas stellt das Stadtmuseum den Christus in der „Auferstehung“ aus. Das Fresko strahlt eine solche Lebenskraft aus, dass sich der Museumsbesucher von dem Kunstwerk gleichsam mitgerissen fühlt.
Spannend ist an Piero insbesondere, dass viele Absichten und Bedeutungen in seinen Fresken noch immer unklar bleiben und Experten immer wieder zu Entdeckungen kommen. Umgeben von mehr als der Hälfte der verbleibenden Werke Pieros, die zudem in den Kontext seiner Heimat Arezzo integriert wurden – welche Gelegenheit könnte opportuner sein, um die Rätsel des Meisters der Perspektive ins Licht zu rücken?
Letzte Etappe unserer Pilgerfahrt ist das malerische Monterchi in der Val Cerfone, dem Geburtsort von Pieros Mutter. Unter besonderen klimatischen Bedingungen wird hier in einer ehemaligen Grundschule die „Madonna del Parto“, die heilige Jungfrau der Geburt, aufbewahrt. Der Anblick des gewölbten Leibes der Madonna, die ihre Niederkunft erwartet, ist bewegend, die Atmosphäre feierlich… und der Eintritt für Schwangere selbstverständlich kostenlos.

Info:
www.mostrapierodellafrancesca.it
Tel: +39 0575 1840000

18.04.2007

Hl. Maria Magdalena
Arezzo, Dom

„Legende des wahren Kreuz(Ausschnitt)
Arezzo, Basilika San Francesco
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