Terra Italia

Essen und trinkenDer Wein der Etrusker

Text und Fotos: Paolo Gianfelici



 Sergio Mottura ist als „Weinproduzent des Jahres“ (Gambero Rosso) ausgezeichnet worden: Seine Reben im Tibertal stehen in der rauen Landschaft der „Calanchi"

Civitella d’Agliano (TidPress) – Ein kleines Stachelschwein “tanzt” auf dem Etikett der Weinflaschen: Sergio Mottura, Produzent aus Civitella d’Agliano (Viterbo) hat es als Symbol seiner Firma ausgewählt. Sergio ist ein gutaussehender Mann mit blauen Augen und hinter seiner Höflichkeit ahnt man den starken Charakter. „Wein soll das Produkt der Reben sein, nicht das der Techniker“, wiederholt er, während er uns sein Weingut am Rande des Tiber-Tals zeigt. Die Blätter haben sich herbstlich gelb gefärbt und der Blick schwelgt in der Schönheit der Natur. „Als ich im Jahre 1963 in Civitella d’Agliano angekommen bin, fand ich eine eingefleischte Tradition des Weinproduzierens vor. Ich folgte den Spuren der Winzer und entdeckte so den biologischen Weinanbau“.

Blick auf Civitella d’Agliano

Sergio Mottura vor seinen Weinbergen

Hauptdarsteller im persönlichen Wein-Theater ist der „Grechetto“, eine Sorte, die bereits die Etrusker, Vorfahren der heutigen Bewohner der Tuscia Viterbese, mit Vorliebe anbauten. Sergio, der dieses Jahr vom „Gambero Rosso“ als „Produzent des Jahres“ ausgezeichnet wurde, ist ein guter Kenner dieses Weißweines mit fruchtigem Aroma. Sergios Geschichten sind Bilder aus der Vergangenheit. „Einige meiner Bauer wohnten in den 60ger Jahren noch in Höhlen. Der Tuffstein kann man leicht ausheben. Was für uns heute eine Kuriosität ist, war damals für viele die einzige Möglichkeit, ein Dach über dem Kopf zu haben“.

Die Häuser von Civitella d’Agliano kleben auf hochgelegenem Fels. Zum Hauptplatz kommt man mit dem Auto nur durch ein enges Steintor. Die Straße, die es durchquert, ist sehr steil und die Familie Mottura, die direkt vor den riesigen, mittelalterlichen Turm ein kleines Hotel besitzt, schreibt in der Mail, die die Zimmerreservierung bestätigt, auch die Anweisungen, wie man ins Hotel kommt. Alessandra Mottura lächelt und gratuliert uns, als sie erfährt, dass unser Auto ohne große Schwierigkeiten den Hauptplatz „errungen“ hat. Die „Tana dell’istrice“ (die Höhle des Stachelschweins) ist ein nobler Bau aus dem Mittelalter, dessen Erweiterung im Jahre 1500 ihm den aktuellen, eleganten Aspekt gegeben hat. Der große Eingangstor öffnet sich im rosa Verputz. Alessandra zeigt den Gästen die Zimmer: Klassik und Komfort füllen das Ambiente. Eine kleine Terrasse auf den Dächern von Civitella d’Agliano bietet ein Panorama, das einen Maler inspirieren kann. Wir treffen uns beim Aperitif im Salone, wo im Ofen das Holz brennt. Die Familie Mottura serviert ihren „Spumante“, der mindestens fünf Jahre im Keller des Hauses bei einer Temperatur von 12 Grad darauf wartete, dass ihn jemand kostete. Der Keller ist eine Unterwelt im Tuffstein, die sich weit unter der „Tana dell’istrice“ erstreckt.

Das Abendessen hat Alessandra mit einer Köchin vorbereitet: Traditionsreicher Geschmack und ein traumhaftes „Mont Blanc“ begleiten uns bei der privaten Weinverkostung: „Latour a Civitella“ aus hundertprozentigem Grechetto, roter „Nenfro“ aus Merlot und Montepulciano und „Muffo“, ein Grechetto, dessen Reben sich langsam mit Schimmel bedecken, bevor sie zum Dessert-Wein werden. Die Nacht in Civitella d’Agliano ist voller Ruhe und die Weine tragen zur Perfektion des Abends bei.

„Die Höhle des Stachelschweins”

Alessandra Mottura ist stolz auf ihren Dessert

Am nächsten Tag ist ein Spaziergang im Dorf programmiert. Auf der „Piazza“ teilen sich die Häuser mit den hohen Turm den Platz. In den mittelalterlichen Mauern kann man bis zur Spitze klettern, um das Panorama auf die Dächer und das umliegende Tal zu bewundern. Civitella d’Agliano ist eines kleines Kunst-Dorf: Jedes Jahr wohnen Gruppen von deutsche Universitäts-Studenten in den Häusern der Gemeinde und haben die Möglichkeit, in Ateliers zu arbeiten. Viele Katzen laufen durch die Gassen, liegen in der Sonne und schauen die Besucher mit schläfrigen Schlitzaugen an. Einige Häuser des Dorfes sind restauriert worden und bieten die Möglichkeit, zwischen alten Mauern modern zu schlafen.

Der Wind bringt die Atmosphäre der umliegenden „Valle die Calanchi“ mit sich: Das Wasser hat in dieser Gegend die Bergen ausgewaschen und das Profil hat sich der Erosion angepasst. Wälder, Wiesen, Weinfelder und Olivenhaine stehen im engen Kontakt wie in einer Mondlandschaft. Eine milde Herbstsonne ermöglicht einen Ausflug in die Umgebung. Sergio blickt aufmerksam auf die Felder: „Die Bauer hatten hier den Besitz in Halbpacht und bei meinen ersten Schritten in der Weinproduktion fand ich noch Reben, die nach etruskischer Art am Stamm der Bäume wuchsen. Eine Sitte der Bauern war, den besten Wein für ein Fest nach der Weinlese aufzuheben, um es den Gästen anzubieten: Es war der „Grechetto“.

Info:
Sergio Mottura
Poggio della Costa – Civitella d’Agliano (Viterbo)
www.motturasergio.it

La Tana dell’istrice
Piazza Unità d’Italia – Civitella d’Agliano (Viterbo)
tana@motturasergio.it

www.prolococivitella.com

Associazione progetto turistico Civitella d’Agliano
www.procivitell.com (auch auf Deutsch)

Die Auszeichnung der “Drei Gläser“ vom Weinführer des Gambero Rosso ging an „Poggio della Costa“ Grechetto (2010); „Latour a Civitella” Grechetto (2005, 2006, 2007)

Vini d’Italia 2012, Gambero Rosso
www.gamberorosso.it

15.11.2011

Von der Spitze des mittelalterlichen Turms

Die Präsidentin der „Pro Loco“ von Civitella d’Agliano

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