Terra Italia

Tiepolo in der Villa Cordellina-Lombardi

Paolo Gianfelici

Vicenza, im August (Terra Italia) - Giovanni Battista Tiepolos gewaltiges Deckengemälde im Treppenhaus der Würzburger Residenz ist sicher eines der wesentlichen Zeugnisse für das Wirken dieses italienischen Künstlers in
Deutschland. Ein vielleicht weniger bekanntes, aber durchaus ebenbürtiges Kleinod sind Tiepolos Fresken in der Villa Cordellina-Lombardi in Montecchio Maggiore bei Vicenza, die der spätbarocke Meister von Herbst 1743 bis Frühjahr 1744 gemalt hat.

Der hohe Festsaal wird von einem Deckengemälde gekrönt, das den Triumpf der Vernunft über Unwissenheit und Engstirnigkeit darstellt (“L’Intelligenza trionfa sull’Ignoranzia”). Zwei Fresken an den Seitenwänden mit aniken Szenen illustrieren dann den Sieg der Aufklärung:
Alexander der Große begnadigt die besiegten Perser (“La Famiglia di Dario dinnanzi ad Alessandro”); Scipio verschont die Karthager (“La Continenza di Scipione”).
Tiepolo hat alles in durchsichtigem Kolorit und mit hellen Farben dargestellt und es dabei nicht an raffinierten Maltechniken fehlen lassen: So folgen die Blicke einzelner Figuren dem Betrachter, wo auch immer er sich im Festsaal der Villa befindet. Die Spuren der Arbeit des Künstlers
(Hilfslinien, Übermalungen usw.) sind nicht etwa ein Manko, sondern verleihen den Fresken eine besondere Lebendigkeit, die sich noch steigert, wenn sie von einem passionierten Kunstkenner, wie dem Kulturdezernenten der Palladio-Stadt Vicenza, fachkundig erläutert werden.
Die von 1735-1760 erbaute Villa geht allerdings nicht auf Palladio zurück, sondern wurde vom Venezianer Giorgio Massari entworfen, der sich teilweise an Palladios Konzeption anlehnte, teilweise aber auch eigene Wege ging, so bei den Proportionen der übergroßen Fenster. Während Palladio eine Vereinigung von landwirtschaftlichem Betrieb und Adelswohnung anstrebte, trennte Massari die der Prachtentfaltung ihres Erbauers, des Juristen C.
Cordellina, dienende Villa von den landwirtschaftlichen Nebengebäuden – wobei freilich selbst der ehemalige Pferdestall aufgrund seiner edlen Säulen und seines eleganten Fußbodens wie ein herrschaftlicher Saal wirkt.
Die Villa wurde im Laufe der Zeit recht unterschiedlich als Schule, Scheune und zur Aufzucht von Seidenraupen genutzt, bis sie in den Besitz der Familie Lombardi-Lomborso überging, die großzügig die Schäden am Gebäude restaurieren ließ. Heute gehört die Anlage der Provinz Vicenza.
Sie ist für ihre Konzerte bekannt, die teils im Garten mit seinen Gruppen fein modellierter Skulpturen, teils in dem von Tiepolo ausgemalten Festsaal mit seiner eindrucksvollen Akustik stattfinden. Zurecht sind Palladios Bauwerke der hauptsächliche Anziehungspunkt von Vicenza. Darüber
sollte aber nicht in Vergessenheit geraten, dass auch architektonische Juwele wie die Villa Cordellina-Lombardi bedeutsame Alternativen zu Palladio darstellen und der Besichtigung wert sind.

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