Terra Italia

Im “Bel Paese” riskiert man seine Geldbörse, nicht das Leben

Paolo Gianfelici

Rom (Terra Italia) – Wenn ein Tourist sich ein Urlaubsziel auswählt,

berücksichtigt er mehrere Faktoren: den Preis der angebotenen Leistungen

im Verhältnis zur Qualität, den Wert der Kunstschätze und der

Naturschönheiten des Landes, das er besuchen will, und schließlich die

Sicherheit seiner eigenen Person und seines Besitzes. Nun, Italien hat den

Ruf eines sehr unsicheren Ortes hinsichtlich der körperlichen

Unversehrtheit der Touristen und ihrer persönlichen Habe (Auto und

Geldbörse).

Der kürzlich von Innenminister Enzo Bianco der Presse vorgestellte

“Rapporto sulla sicurezza in Italia” (Bericht über die Sicherheit in

Italien) enthält eine Reihe von Daten und Einschätzungen, die ein

bestimmtes Cliché vom “Bel Paese” als einem Ort, wo einem alles zustoßen

kann, teilweise bestätigen, teilweise aber auch widerlegen. Übergehen wir

die Ausführungen über die Mafia, die Camorra etc. – ihnen gegenüber hat

der Staat in den letzten zehn Jahren wirkungsvolle Abwehrmaßnahmen

durchgeführt; außerdem hat die organisierte Kriminalität den Aufenthalt

der vielen Millionen ausländischer Touristen in der Vergangenheit nicht

sonderlich beeinträchtigt.

Die von den Urlaubern gefürchteten Gefahren sind anderer Art: der

Handtaschenraub, der Taschen- und der Autodiebstahl. Wenn man den Bericht

liest, entdeckt man mit Erstaunen, dass der “scippo” (Handtaschenraub),

das Symbolverbrechen Italiens, sehr stark zurückgeht: Von 1971 bis 1991

hatte der “scippo”, ein Verbrechen gegen das Eigentum unter Einsatz von

Gewalt, um das Zehnfache zugenommen (von 13 auf 131 Fälle pro 100.000

Einwohner). In den 90-er Jahren ist der Handtaschenraub dagegen merklich

zurückgegangen (58 Fälle pro 100.000 Einwohner im Jahr 1998). Die

Taschendiebstähle, ein zwar gewaltloses, gewiss aber sehr verächtliches

Verbrechen, vor allem wenn die Taschen von jemand geleert werden, der sich

weit von zu Hause aufhält, erreichten ihren Höhepunkt im Jahre 1991,

begannen dann abzunehmen, um nach 1996 erneut anzusteigen. Wahrscheinlich

hat die Verbesserung der Lebensbedingungen der italienischen Bevölkerung

den “Verzicht” auf die örtlich begrenzte Kriminalität zugunsten sehr

riskanter und wenig einträglicher Formen von Verbrechen bewirkt. Im

Gegenzug haben ausländische Immigranten diese Lücke teilweise ausgefüllt.

Taschendiebstähle, Wohnungseinbrüche und “scippo” verteilen sich sehr

unterschiedlich auf Nord- und Süditalien. Die beiden ersten Delikte sind

eher in mittel- und norditalienischen Regionen verbreitet, der

Handtaschenraub dagegen in Süd- und Inselitalien. In welchen Städten ist

das Risiko am größten? Bei den Taschendiebstählen liegt Venedig an der

Spitze, gefolgt von Bologna, Mailand, Florenz, Rom, Genua, Turin, Neapel,

Palermo, Bari und Catania. Beim Handtaschenraub ist dies Bari, dann kommen

Neapel, Catania, Florenz, Palermo, Mailand, Bologna , Rom, Turin, Venedig

und Genua.

Ein ‚positiver‘ Trend zeigt sich bei den Autodiebstählen: Während 1991 in

Italien 356.000 Fahrzeuge gestohlen worden waren, lag die Rate im Jahre

2000 bei ‚nur‘ 216.000 Einheiten. Wenn wir jedoch einen Vergleich mit

anderen europäischen Ländern machen, so ist die Wahrscheinlichkeit, sein

eigenes Auto nicht mehr dort anzutreffen, wo man es geparkt hatte, in

Italien höher als in anderen Ländern (ausgenommen Frankreich): In Italien

werden pro 100.000 Einwohner 500 Autos gestohlen (gegenüber 350 in

Spanien, 180 in Griechenland und etwas mehr als 100 in Deutschland).

Eine tröstliche Zahl ist die allgemeine Abnahme der Tötungen, auch in

Süditalien. 1999 wurden in Italien 805 Morde begangen, in Deutschland 1006

und in Frankreich 952. Die Zahl der Morde in den europäischen Großstädten

verdeutlicht den Grad der Sicherheit in Italien: 1999 gab es in Rom 26

Morde gegenüber 105 in Paris, 86 in Berlin, 79 in Athen und 48 in Madrid.

Die Daten für das Jahr 2000 sind nicht anders – ein schönes Ergebnis für

die Ordnungshüter, wenn man bedenkt, dass im Jahr des Großen Jubiläums 25

Millionen Pilger in die italienische Hauptstadt gekommen sind.

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