Terra Italia

Charme und Gegensätze in einer Provinz des Mezzogiorno

Paolo Gianfelici

Ein architektonisches und städtebauliches Juwel, wo man das „süße Leben“ des 18. Jahrhunderts spüren kann. Der Besuch der Felsenstädte, in denen die Bewohner Jahrhunderte lang unter der Erde wohnten. Die wilde Natur der Gravina di Laterza, eines der größten Canyons Europas.




„Gravina“ (Kluft) von Petruscio
Felsendorf

Martina Franca (Terra Italia) – Betrachtet man diese kleine Stadt der Provinz Tarent (Region Apulien) aus der Höhe, dann wird man geblendet von der weißen Farbe des Kalks, der die Fassaden der barocken Palazzi und Häuser bedeckt. So weit nichts Neues: viele, an den beiden Ufern des Mittelmeeres gelegenen Orte zeichnen sich durch diese dekorative Besonderheit aus. Beim Spaziergang über die Plätze und durch die Straßen von Martina Franca entdeckt man eine ausgeprägte Einheitlichkeit im Städtebild und in der Architektur, einen hervorragenden Erhalt an Bausubstanz bei den Gebäuden.
In den historischen Zentren zahlreicher Städte Apuliens wechseln sich (viele) Gebäude im heruntergekommenen Zustand mit den (wenigen) restaurierten ab, angefangen mit der Altstadt von Tarent. Die neuen Gebäude, die Hochhäuser, die Aluminiumrahmen an den Fenstern und Veranden haben in irreparabler Weise das Aussehen von Stadtvierteln verschandelt, die vor drei bis vier Jahrhunderten entstanden sind. In Martina Franca ist nichts dergleichen geschehen. Hier spürt man heute noch die auf wunderbare Weise heil gebliebene Atmosphäre der Aufklärung und des Handels aus der Herrschaftszeit Neapels im 18.Jahrhundert.Von Straße zu Straße treffen wir immer wieder auf künstliche Säulen an der Eckseite der Häuser, auf Balustraden auf den höher gelegenen Terrassen, auf Fenstersimse. Alles in rosafarbenem Stein gebaut, der einen Gegensatz bildet zu dem Weiß der Mauern. Und in den unteren Stockwerken der Palazzi findet man Geländer aus fein bearbeitetem Schmiedeeisen und kunstvoll geschnitzte Holzportale.
Wir haben es hier mit einer Stadt zu tun, die im Laufe der Jahrhunderte von ihren Bewohnern mit Gemeinsinn und Liebe verwaltet wurde. Etwas höchst Seltenes im Süden Italien, der historisch gesehen von ausländischen und einheimischen Despotismen beherrscht wurde. Nicht von ungefähr wurde dem ursprünglichen Ortsnamen „Martina“ im Mittelalter der Beiname „Franca“ hinzugefügt, was auf italienisch so viel wie „frei“ bedeutet. In Martina Franca, das keine strengen Palazzi und Kirchen aufweist, atmet man die süß-sanfte Seite des Lebens, die dem Gepräge der städtebaulichen Konturen entspricht. Diese Erfahrung sollte man unbedingt machen, vielleicht im Juli, anlässlich der Festlichkeiten der Schutzpatrone der Stadt , San Marino und Santa Comasia, oder des Musikfestivals der Gironda oder auch beim Besuch der Sommermodenschau „Portici d’Estate“ (Informationen unter: www.pugliaturismo.com und
martinafranca@pugliaturismo.com ).

Im Innern der Provinz Tarent eröffnen sich andere Überraschungen. Mottola, eine kleine, kreisförmig angelegte Stadt, die treppenförmig aufs Zentrum zuläuft, ist das Schaustück des südlichen Apuliens. Da sie auf einem Hügel von etwa 400 Metern Höhe gelegen ist, bietet sich von hier aus ein Panorama, das von den Stränden des Ionischen Meeres bis hin zu den Bergen der Hohen Sila reicht. Im Innern dieses Hügels jedoch verbergen sich die Überreste einer geheimnisvollen mittelalterlichen Kulturstätte: das Felsendorf. Siebenhundert Jahre lang, bis ins 14.Jahrhundert, lebten und arbeiteten hier einige Völkerstämme aus dem Gebiet Ioniens unter der Erde – in einem Labyrinth von Höhlen, die zu Behausungen umgewandelt wurden, zu Ställen, Werkstätten, Kirchen und Friedhöfen. Die Höhlen bildeten sich im Innern durch kleine Canyons heraus, die das Wasser eingegraben hatte, „gravine“ (wörtlich: „Kluft“) genannt. Zu diesen „underground“-Dörfern, die besichtigt werden können, gehören S.Vito, S.Sabino und Le Grotte. Es empfiehlt sich, den Weg noch einige Kilometer weiter fortzusetzen und auch Petruscio und Casalrotto (an der Staatsstraße 100) zu besichtigen mit den unterirdischen Heiligtümern von S.Angelo, S.Nicola und S.Margherita.
Die „gravine“ stellen auch Orte dar, wo sich die Natur unseren Augen in ihrer Wildheit offenbart. So die Gravina di Laterza, eine zweihundert Meter tiefe Kluft, eines der größten Canyons Europas. Unter der Felsenseite mit steil abfallenden Wänden erstreckt sich ein grüner Teppich aus Steineichen und der seltenen Eichenart „ Quercus troiana“, die heute nur noch in diesem Teil Italiens überlebt hat (Informationen unter: www.comune.laterza.ta.it und informa.laterza@wyvern.it ).

Für Übernachtungen empfiehlt sich in Martina Franca das Park Hotel San Michele (Via Carella, 974015 Martina Franca, tel.: +39 0804807053), ein gutes Vier-Sterne-Hotel mit Zimmern mit Panoramablick auf die Stadt. In Mottola das Hotel Casa Isabella, das in den Räumen eines Adelsanwesens untergebracht ist. Es ist kürzlich renoviert worden, hat aber seinen historischen Charme behalten. Gut auch die Küche des Restaurants. Informationen unter: www.casaisabella.it e-mail: casaisabella@tiscali.it

Ausländische Kulturorganisationen und Pressestellen, die an Informationen bezüglich der Provinz Tarent interessiert sind oder an der Förderung internationaler Kulturaustausche,wenden sich bitte an das Zentrum „Renoir“ der Provinzregierung: Presidente Cosimo Lardiello, Centro di Cultura „Renoir“,Via
Veneto,47 74100 Taranto, centrorenoir@tin.it

(Unter Mitarbeit von Maurizio Asci)

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