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Villen und Gärten Die hängenden Gärten von Tivoli

Text und Fotos: Cora Ebeling



 Über 500 Brunnen und Wasserspiele sprudeln seit fast einem halben Jahrtausend in der einzigartigen Gartenanlage der Villa D’Este in Tivoli

Tivoli (Tid Press) – Die alten Römer hatten gute Gründe, ihre Sommervillen bei Tibur, dem heutigen Tivoli, ca. 40 km nordöstlich von Rom zu bauen. Der Ort liegt auf einem Hügel, von dem man einen herrlichen Blick auf das Tal und die umliegenden Orte genießen und bei schönem Wetter sogar den Petersdom erkennen kann.
Die bekannteste römische Villa ist wohl die Villa Adriana, die Kaiser Hadrian im ersten Jahrhundert n.Chr. als Sommerresidenz errichten ließ. Doch in der Geschichte sollte er nicht der einzige Prominente bleiben, der diese Gegend schätzte und als Wohnsitz auserwählte.

Neptun-Brunnen von oben mit den drei Fischbecken davor

Neptunbrunnen mit Orgelbrunnen als Kulisse

Im Jahre 1550 ernannte Papst Julius III den Kardinal Ippolito II D’Este, Sohn der Lucrezia Borgia, zum Statthalter von Tivoli als Dank für seine Unterstützung anlässlich seiner Ernennung zum Papst.
Als Wohnsitz wählte Kardinal D’Este ein ehemaliges Benediktinerkloster, damals von Franziskanern bewohnt, und ließ an dem abschüssigen Hang darunter, der nicht umsonst den Namen „Valle Gaudente“ trug, einen Garten anlegen. Da er von seinem Heimatort Ferrara her gewöhnt war, in einem stilvollen Ambiente zu leben, zögerte er nicht lange und rief die besten Architekten und Künstler des Landes, um seine Wunschresidenz zu verwirklichen. Mit dem Entwurf wurde der neapolitanische Architekt und Maler Pirro Ligorio beauftragt, der mit der Villa D’Este sein Meisterwerk schuf. Man beseitigte einige Gebäude und vergrößerte das Tal, was eine längsachsenartige Ausrichtung ermöglichte. Um die zahlreichen Brunnen zu speisen wurde der Fluss Aniene umgeleitet.
Die Innenräume des Palastes wurden mit herrlichen Fresken, Gemälden und Statuen von manieristischen Künstlern wie Livio Agresti, Cesare Nebbia und Antonio Tempesta geschmückt. Diese Kunstwerke kann man zum Glück heute noch zum großen Teil im Palazzo des Kardinals bewundern.

Im September 1572 fand schließlich eine prunkvolle Einweihungsfeier statt, an der sogar Papst Gregor XIII teilnahm, doch Ippolito II D’Este konnte seine königliche Residenz nicht mehr genießen, denn er starb zwei Monate später. Die Villa blieb vorerst im Besitz der Familie und sein Nachfolger, Kardinal Alessandro D’Este, gab Anfang des 17.Jahrhunderts neue Arbeiten in Auftrag, an denen sich niemand Geringerer als Gian Lorenzo Bernini beteiligte.
Im 18.Jahrhundert ging das Anwesen in den Besitz der Habsburger über, die es leider völlig vernachlässigten. Der Verfall dauerte bis Mitte des 19.Jahrhunderts an, als ein kunstliebender Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst das Kolonatrecht des Guts erhielt und umfangreiche Restaurierungsarbeiten veranlasste. Der Komponist Franz Liszt war zu der Zeit häufig zu Gast, hier komponierte er sein Klavierwerk „Les jeux d’eau a la Villa d’Este“ und gab 1879 eines seiner letzten Konzerte.
Am Ende des ersten Weltkrieges ging die Villa in den Besitz des italienischen Staates über und in den 20er Jahren wurde sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach dem zweiten Weltkrieg waren erneute Restaurierungsarbeiten nötig und danach folgten ständige Instandhaltungsarbeiten, die dieser grünen Oase die einstige Pracht zurück gegeben haben.

Der Besichtigungsrundgang führt zuerst durch die prachtvollen Gemächer des Kardinalspalasts bis zu einer Aussichtsterrasse mit Blick auf die Gärten, von der aus man dann den Rundgang durch die Parkanlage beginnen kann.
Wenn man nun durch den Hanggarten mit seinen zahlreichen Brunnen, Wasserspielen, Nymphäen, Grotten und Terrassen spaziert, kommt man nicht umhin, an die hängenden Gärten von Babylon zu denken, von denen sich wohl auch die Architekten beim Anlegen des Parks inspirieren ließen.
Kein Fleckchen der 35.000 qm Grünfläche blieb ungenutzt und das natürliche Gefälle diente zum Bau kunstvoller Anlagen. Jede Konstruktion ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und keine gleicht der anderen.
Der Hanggarten wird vom Hauptgarten durch eine lineare Brunnenanlage, der Allee der hundert Brunnen, getrennt, an deren Enden sich als Gegenpole zwei der bekanntesten Brunnen befinden.
Einer ist der Tivoli-Brunnen, der die wichtigste Wasserzufuhr bildet, denn durch einen unterirdischen Kanal tritt hier ein Nebenarm des Flusses Aniene hervor und wird auf andere Kanäle weiterverteilt.
Der andere ist der Rometta-Brunnen, dessen Kulisse das alte Rom in Miniaturform darstellen sollte, die aber leider außer dem Schiff mit dem Obelisken und ein paar Statuen kaum noch erhalten geblieben ist.
Unter der Allee liegen drei angrenzende Fischteiche, die zu dem imposanten Neptun-Brunnen mit der Wasserorgel als Kulisse führen. Der Orgelbrunnen auf der Querachse des Parks enthielt eine wasserbetriebene Wasserorgel, die aber Ende des 18.Jahrhunderts kaputt ging. Erst kürzlich wurde sie wieder instand gesetzt und die Besucher können heute dank eines pneumatisch-hydraulischen Systems viermal am Tag zu bestimmten Zeiten einem „Orgelkonzert“ lauschen.
Ähnliches passiert am Käuzchen-Brunnen auf der gegenüberliegenden Seite des Parks, wo alle zwei Stunden durch die Kraft des herabfallenden Wassers ein mechanisches Vogelkonzert beginnt, das mit dem Ruf eines Kauzes abgeschlossen wird.
Die Gartenkunst der Villa D’Este ist eigentlich typisch für die italienische Renaissance, weist aber gleichzeitig deutlich manieristische und barocke Züge auf, was man an den mythologischen Bezügen und den später hinzugekommenen barocken Bauten auf den Querachsen (wie eben dem Orgelbrunnen) erkennen kann. Auf jeden Fall hatte sie einen wesentlichen Einfluss auf die spätere Gartenarchitektur in ganz Europa.
2001 wurde die Villa D’Este wegen ihrer einzigartigen Gestaltung und Ästhetik in das Weltkulturerbe der Unesco aufgenommen.

Die Villa ist ganzjährig geöffnet und, vor allem in den Sommermonaten, absolut einen Besuch wert. Bis zum 12.September 2009 kann man die Gärten am Freitag und Samstag auch abends besichtigen, was ein suggestives Erlebnis verspricht, da die Brunnen und Wege zum Teil mit Fackeln erleuchtet werden.

Info:
Wie man von Rom aus hinkommt:
Mit dem Auto: die A24 oder SS5 Tiburtina, Ausfahrt Tivoli
Mit dem Zug: die Linie Rom-Pescara hält in Tivoli
Mit öffentlichen Bussen: die Busse der Cotral-Linie haben Endstation an der U-Bahn Haltestelle Ponte Mammolo (Linie B) und fahren bis ins Zentrum von Tivoli (Haltestelle Largo Nazioni Unite).

Öffnungszeiten:
Di-So: 08.30 Uhr bis 1 Stunde vor Sonnenuntergang
bis 12.09.2009: Fr-Sa 20.30 – 24.00 Uhr

Eintrittspreise:
6,50 €, reduziert 3,25 €; bei Sonderausstellungen 10 € u. 6.75 €; evtl. Reservierungsgebühr 1 €

Für Führungen und Ticketreservierungen
Call Center 199 766 166 (Inland), +39 0445 230310 (Ausland)

www.villadestetivoli.info
www.tibursuperbum.it

29.07.2009

Die Allee der hundert Brunnen

Der Rometta-Brunnen
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