Florenz (TidPress) – Der Mugello ist der am seltensten besuchte Teil der Provinz Florenz. Die Touristen bevorzugen die Valdelsa, die Valdarno und den Chianti. Die Florentiner selbst fahren in Massen dorthin und überschwemmen mit ihren Autos die engen Straßen, freilich nur anlässlich der Wettkämpfe auf der Rennstrecke. Im übrigen Jahr halten sie sich davon fern, wie von einem etwas ungehobelten, provinziellen Ort, der im Winter mit Schnee bedeckt, unwegsam und ungastlich ist sowie von Wölfen heimgesucht wird. Heute schneit es allerdings im Mugello-Becken und auf den umliegenden, mit Zerreichen-, Esskastanien- und Tannenwäldern bedeckten Bergen nur selten, die Wölfe treten nur ganz gelegentlich in Erscheinung. Im kollektiven Gedächtnis der Florentiner blieb jedoch ein Bild vom Mugello haften, wie er zu Zeiten der von hier stammenden Medici und von Giotto ausgesehen haben mag.
 Convento del Bosco ai Frati TidPress  |
 Borgo S. Lorenzo, Museum der Manufaktur Chini TidPress  |
Es ist kaum zu glauben, aber so ist es nun einmal: Die Straße zur Unsterblichkeit geht von diesen Bergdörfern aus. Hier wurden Künstler wie Donatello, Beato Angelico und Giotto sowie die Mitglieder der Herrscherhäuser geboren, die Florenz mehr als 200 Jahre regierten und aus den Künsten und Wissenschaften „das zentrale Werkzeug ihrer Politik und das Wahrzeichen des eigenen Schicksals machten“.
„Der Mugello, die Wiege der Renaissance“ ist der Einheitstitel von vier Ausstellungen, die von der Florentiner Sparkasse gestaltet wurden. Sie sind vom 25 Mai bis 30. November geöffnet.
Der Rundweg beginnt am ersten Palast der Dynastie, am Palazzo Medici Riccardi mit seinem berühmten Fresko „Die Reise der Hlg. Drei Könige“ von Benozzo Gozzoli. Der Ritt der vom Ende der Welt gekommenen Könige-Zauberer-Ärzte wurde vom Künstler als ein gemächlicher, dicht gedrängter Zug über die Hügel des Mugello mit seinen Städten, Wäldern und Burgen dargestellt.
Die zweite Station ist S. Piero a Sieve (im Kloster Bosco ai Frati). Die Ausstellung „Donatello, Brunelleschi und der Mann am Kreuze“ stellt die berühmten Kruzifixe einander gegenüber, die im Zentrum einer legendären Auseinandersetzung zwischen den beiden Künstlern standen.
Das Museum des Beato Angelico von Vicchio beherbergt die Ausstellung „Der Mugello und die Künste: Giotto, Beato Angelico und Andrea del Castagno“ mit sieben Meisterwerken, die teilweise aus Florentiner Museen, teilweise aus Privatsammlungen stammen: eine einzigartige Gelegenheit, sie zusammen zu betrachten. Dies betrifft vor allem die Madonna mit dem Kinde und den Heiligen. Dieses höchst wertvolle Gemälde kehrt nach einer Abwesenheit von 200 Jahren an die Stätte zurück, wo es 1450 vom Beato Angelico im Auftrag von Cosimo dem Älteren geschaffen wurde.
In Borgo S. Lorenzo findet im Museum der Manufaktur Chini die Ausstellung „Die Villen der Medici“ statt. Sie ist den wirtschaftlich-militärisch-strategischen Bastionen (den befestigten Städten) gewidmet, welche das Herrscherhaus im Mugello besaß und hierdurch die Übergänge über den Apennin kontrollierte. Drei von Justus von Utens zwischen 1599 und 1602 gemalte Lünetten zeigen die Medici-Städte Trebbio, Cefaggiolo und Pratolino.
Endstadtion ist Scarperia. Der Palazzo dei Vicari beherbergt die Ausstellung „Die Medici in Waffen“ mit Bildern berühmter Kämpfer: die Marmorbüste von Giovanni dalle Bande Nere, ein Werk von Sangallo, und Cosimo in einem Porträt von Bronzino.
Die Initiative der Cassa di Risparmio von Florenz ist ein konkretes Beispiel für die Verwirklichung der Idee des verzweigten Museums. Die Kunstwerke werden einem Publikum nähergebracht, das gewöhnlich nicht die großen Museen besucht, und an den Orten präsentiert, an denen sie geschaffen oder zumindest ersonnen worden sind.
Die „card Mugello culla del Rinascimento“ (fünf Euro) erlaubt den Zutritt zu den vier Ausstellungen und zum Palazzo Medici Riccardi. Vom 8. Juni an gibt es jeden Sonntag einen kostenlosen Bustransport mit Abfahrt und Ankunft in Florenz, um an einem Tag die vier Orte des Mugello besuchen zu können.
Informationen und Reservierungen: Tel. +39 055 8468165.
www.mugellorinascimento.it
(Übers.: Richard Brütting)
20.06.2008
 „Die Villen der Medici“ B. S. Lorenzo, Museum der Manufaktur Chini |
 „Die Villen der Medici“ B. S. Lorenzo, Museum der Manufaktur Chini |