Terra Italia

Der Rotwein der „Villa dei Misteri“ in Pompeij

Paolo Gianfelici

Die Firma Mastroberadino hat einen Rotwein hergestellt, der aus einem Weinberg mitten in den Ausgrabungen von Pompeij stammt. Der uralte Ritus der Weinprobe inmitten von Weinkeltern und Amphoren aus der Römerzeit.


Foto:Mastroberadino und die Sovrintendenza
Archeologica von Pompeij

Pompeij (Terra Italia) – In der „Naturalis Historia“ vertrat der römische Schriftsteller Plinius vor 2000 Jahren folgende Ansicht zum Thema „Weinbau“: „Italien hat einen so unbestrittenen Vorrang, da es die Reichtümer jedes anderen Landes, ja sogar derjenigen Länder, die Duftwasser herstellen, schon allein mit dieser Ressource übertroffen hat“. Im Übrigen gebe es, so der Schluss des Naturforschers, „auf der Welt keine größere Wonne als den Duft der blühenden Weinrebe“.

Der Wein spielte im Leben der antiken Bevölkerung des Gebiets um den Vesuv eine wichtige Rolle. Die Rebenzucht war auf den äußerst fruchtbaren vulkanischen Böden nicht nur außerhalb der Stadt, sondern gerade innerhalb von Pompeij verbreitet. Archäologische Forschungen, botanische Studien und die Entdeckung von Abdrücken der Wurzeln der antiken Rebstöcke sowie der Stützpfähle der Pflanzen haben die Existenz eines Weinbergs in der Zone des Foro Boario und des Amphitheaters, an der Kreuzung der via Nocera mit der via Castricio in der Regio I des 79 n.Chr. vom Aschenregen zerstörten Pompeij bestätigt.

1996 hat der Winzerbetrieb Mastroberardino mit Genehmigung des Denkmalschutzamts (Sovrintendenza Archeologica) hier einen Weinberg angelegt. Auf der Grundlage bibliographischer Studien und von Fresken aus römischer Zeit mit der Darstellung von Weintrauben wurden zwei Sorten ausgewählt: die Columbina Purpurea und die Vitis Oleagina.

Nach sieben Jahren finden wir in einer der 1721 Flaschen einen Rotwein zum Probieren vor, der von Mastroberardino mit der pompeijanischen Bezeichnung „Villa dei Misteri“ (Villa der Geheimnisse – ein weiterer berühmter Ort dieser faszinierenden Stadt) abgefüllt worden ist. Der Geschmack des Trunks ist rund, man schmeckt das Aroma und den Geschmack von Waldfrüchten und reifen Sauerkirschen. Gewiss entsprechen seine Eigenschaften nicht denen der Weine vor 2000 Jahren: Das Klima hat sich verändert, die Temperatur ist viel höher; von den rudimentären Techniken der Weinherstellung sollte man besser gar nicht sprechen. Dennoch: Wer wie ich – angelehnt an die Mauer des Arbeitsraums aus römischer Zeit mit ihrer Kelter und den zum Auffangen des Mosts eingegrabenen Amphoren – inmitten der Reben des Foro Boario ein Glas Rotwein hebt, der hat das Gefühl, den uralten Ritus des Probierens eines frischen, gerade ausgereiften Weins, im Abstand von 2000 Jahren zu wiederholen.

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