Terra Italia

Essen und TrinkenTaurasi, Maccaronara und Podolico aus der Campania

Text und Fotos: Sabine Neumann



 Das bergige Hinterland Neapels lockt mit hervorragenden Weinen und regionalen Spezialitäten. So abwechslungsreich wie die Küche ist auch die Landschaft

Avellino (TidPress) – „Campania felix“, glückliche Landschaft, nannten die alten Römer die Campania. Immer noch ist die Region reich an weitgehend unberührter Natur mit ausgedehnten Waldgebieten und bis zu 1800 m hohen Bergen, Flüssen und Seen. Eine Vielzahl historischer Bauwerke bezeugt die wechselvolle Geschichte, in der Etrusker, Griechen, Römer und Langobarden ihre Spuren hinterlassen haben. Vor allem aber ist die Campania eines der ältesten Weinbaugebiete Italiens und die Heimat des berühmten Taurasi. Die köstliche regionale Küche macht eine Reise ins Hinterland von Neapel auch kulinarisch zum Erlebnis.

Avellino ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Auf den ersten Blick wirkt dieser Ort seltsam gesichtslos. Das hat einen Grund. Beim letzten großen Erdbeben am 23. November 1980 wurde Avellino – wie viele andere Orte der Region – fast vollständig zerstört. Einige historische Gebäude wurden zwar wieder aufgebaut, aber das Stadtbild hat sich verändert. In einem der wenigen alten Häuser – mit Grundmauern aus normannischer Zeit – befindet sich das Slow Food-Restaurant La Maschera. Stilvolles Ambiente und raffiniert zubereitete regionale Spezialitäten – eine absolut empfehlenswerte Adresse. Lehrreich und interessant ist auch die Weinverkostung mit Vincenzo Mercurio von der Masseria Felicia. Der Oenologe, der auch für andere Weingüter tätig ist, lässt uns neben einigen jungen, unfiltrierten und älteren filtrierten Weißweinen zum Essen einen ausgezeichneten Avellino di Fiano DOCG und einen guten Greco di Tufo DOCG probieren. Auch den roten Falerno del Massico lernen wir kennen.

Sorbo Serpico ist der Sitz des 1994 gegründeten Weinguts Feudi di San Gregorio, das zu Italiens Top Ten zählt. Statt alter Mauern erwartet uns High-Tech-Architektur. Auch im Inneren des kubischen Baus mit viel Glas und Stahl ist alles Design. Die Hintergrundmusik im Weinkeller passt ebenso dazu wie der streng geometrisch angelegte Garten und der angrenzende Didaktik-Park. Wir testen einen Fiano über mehrere Jahrgänge, am meisten überzeugt uns der 1998er. Zum roten Sirica 2007, ein an den Syrah angelehntes Experiment des Weinmachers Riccardo Cottarella, wird ein wunderbar ausgereifter, würziger Pecorino gereicht. Eine Entdeckung ist der Podolico, ein hervorragender Hartkäse, der nur in zwei kleinen Dörfern produziert wird. Anschließend geht es in den ersten Stock, ins Restaurant Marennà. Das Slow Food-Menü ist vorzüglich, vor allem das Rindfleisch, das in Rotwein schmelzend zart gegart wurde.

Im 750 m hoch gelegenen Castelvetere sul Calore stapfen wir durch den Schnee. Das mittelalterlich anmutende Dorf wurde nach dem Erdbeben wieder aufgebaut. Im Borgo di Castelvetere ist heute ein kleines Hotel. Das Ristorante „La Torre“, ein sympathischer Familienbetrieb, serviert bodenständige, regionale Küche. Spezialitäten sind die Maccaronara, hausgemachte Nudeln, mit Bohnen und Tagliatelle mit Kastanien und Steinpilzen. Seit zwei Jahren werden auch Weine, Aglianico, Fiano und Greco, unter dem Namen „Donna Carmela“ vermarktet.

Taurasi ist der Ort der dem großen Rotwein seinen Namen gab. Vom alten Schloss in der Altstadt blickt man auch auf Weinberge von Antonio Caggiano. Er ist einer der bekanntesten Winzer, außerdem ein begeisterter Fotograf und ein tief religiöser Mann. Sein Weinkeller beherbergt Wandmalereien, Krippen, Kreuze und einen Altar. Vor 20 Jahren hat Caggiano begonnen, Aglianico-Trauben zu kultivieren. Diese Rebsorte wurde vermutlich vor mehr als 2500 Jahren von den Griechen eingeführt und liefert besonders körperreiche, farbintensive, aromatische und lagerfähige Rotweine. Der Taurasi muss zu mindestens 85 Prozent aus Aglianico bestehen.

Im Gewerbegebiet des 650 m hoch gelegenen Montefusco ist Terredora ansässig, eines der führenden Weingüter. Walter Mastroberardino gründete 1978 seinen eigenen Betrieb, nachdem er sich von seinem Bruder Antonio getrennt hatte. Im Gegensatz zu vielen anderen großen Produzenten verwendet Terredora ausschließlich eigene Trauben. Auf rund 190 Hektar wird Wein angebaut, auf weiteren 40 Hektar werden neue Reben gezogen. Viele der Weinberge, die zum Teil klein sind und weit auseinander liegen, gehören zu den besten Lagen des Irpinia-Gebiets.

Der andere Teil der Familie besitzt die Namensrechte. Mastroberardino ist das renommierteste und größte Weingut der Region. Es wurde 1878 auf dem Familienbesitz in Atripalda gegründet, ursprünglich als Handelshaus, das Trauben von Vertragswinzern ankaufte und daraus Weine produzierte. In den 1970er-Jahren wurden eigene Rebflächen erworben. Die Brüder Antonio und Walter Mastroberardino setzten neue Maßstäbe im kampanischen Weinbau, indem sie die alten heimischen Rebsorten pflegten und reaktivierten. Dies sind vor allem Aglianico, Coda di Volpe, Greco, Fiano (Latino) und Piedirosso. Zum Weingut gehört das inmitten von Weinbergen gelegene, neu erbaute Resort Radici in Mirabella Eclano. Die Küche ist besonders zu empfehlen. Im Restaurant wurde uns ein ausgezeichnet zubereitetes und wunderbar komponiertes Menü mit den passenden Weinen serviert. Ein Genuss!

Am letzten Tag gönnen wir uns noch ein paar Stunden in Neapel. Wir lassen das Gepäck am Flughafen und fahren mit dem Autobus nach Marechiaro. Der hübsche kleine Fischerort mit verwinkelten Gassen und kleinen Restaurants ist ein bevorzugtes Ausflugsziel der Neapolitaner. Wir sitzen auf der Holzterrasse des Lido, trinken Café, genießen die Sonne und den Blick vom blitzeblauen Himmel auf den Golf von Neapel. Gegenüber ragen Capris Felsen aus dem tiefblauen Meer und ein Stück weiter sehen wir die schneebedeckten Gipfel des Vesuv. Dahinter liegt das wild-romantische Bergland der Provinz Avellino. Campania felix. Wir hätten gern noch mehr gesehen.

Info:
Ristorante La Maschera, Rampa S. Modestino 1, 83100 Avellino, Tel 0039 0825 37603, www.ristorantelamaschera.com

Masseria Felicia Via Provinciale Appia – Carano Loc. San Terenzano 81030- Carano di Sessa Aurunca (CE) , Tel. + Fax: 0039 0823 935095, http://www.masseriafelicia.it/

Feudi di San Gregorio und Ristorante Marennà, Loc. Cerza Grossa, 83050 Sorbo Serpico, Tel. 0039/0825/986611, www.feudi.it

Borgo di Castelvetere, Via Castello, 1, 83040 Castelvetere sul Calore, Tel. 0039 0827 65679, www.borgodicastelvetere.com

Azienda Agricola Antonio Caggiano, Contrada Sala Taurasi s.r.l., Tel. 0039 0827 74723, http://www.cantinecaggiano.it/

Società Agricola Terredora Di Paolo S.S., Via Serra, 83030 Montefusco,
Tel. 0039 0825 968215, www.terredora.com

Mastroberardino, 83042 Atripalda, Tel. 0039 0825 614111,www.mastroberardino.com

Radici Resort, Località Piano Pantano, Corpo di Cristo, Mirabella Eclano (AV), Tel. 0039 0825 614111, www.radiciresort.com


20.03.2009

Marechiaro

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