Terra Italia

EventsDolomiten-Nationalpark: Naturschutz aus Liebe zum Leben

Text und Fotos: Richard Brütting



 Nachhaltigkeit als Zukunftsaufgabe, Stopp des Artensterbens und Probleme des Klimawandels waren Themen eines Kongresses im „Parco Dolomiti Bellunesi“

Feltre (TidPress) – Zum 15. Geburtstag des 32.000 ha großen Nationalparks der Belluneser Dolomiten, der sich durch ein uraltes und einzigartiges Zusammenwirken von Mensch und Natur auszeichnet, fand Mitte Juli in Feltre der Kongress PARCHI PER UNA SOLA TERRA (Naturparks für die eine Erde) statt. Referenten aus dem Ausland und ganz Italien, darunter die Chefs vieler Nationalparks, unternahmen einen Erfahrungsaustausch zur Entwicklung neuer Perspektiven für die Verwaltung von Naturschutzgebieten. Dabei zeichnete sich durchweg das Bild eines engagierten, um die Zukunft besorgten Italiens ab, das sich wohltuend vom Image abhebt, das derzeit unserem südlichen Nachbarn zugeschrieben wird.

Den Einführungsvortrag hielt Lindi Harvey, die Vizedirektorin des Nationalpark-Diensts der USA, dem fast 400 Parks mit mehr als 20.000 Angestellten unterstehen. Sie betonte die Notwendigkeit vorausschauender Regelungen für die Leitung von Naturschutzgebieten, Zurückhaltung und sorgfältige Planung bei der Schaffung von Besucherzentren und Verkehrswegen sowie die Wichtigkeit von Kontakten zur Öffentlichkeit, vor allem zu Kindern und Jugendlichen, um diese für die Belange des Naturschutzes zu sensibilisieren und für die Schönheiten der Natur zu begeistern. Hierzu soll vor allem das Programm „Explore. Learn. Protect: Be a Junior Ranger“ beitragen.

Ein pittoresker Dolomitengipfel (Monte Pelmo)

Gastgeschenk für die Referentin aus den USA

Wie Nino Martino, der Direktor des Dolomiten-Nationalparks ausführte, sind die Naturschutzgebiete Italiens in den letzten 10 Jahren von 3% auf über 11% der Landesfläche angewachsen (Europa: 5%) und sichern die Arbeitsplätze von 4.000 Angestellten, mehreren Tausenden von Landschaftsschützern und 10.000 Arbeitern. Italien besitzt 22 Nationalparks, 20 Meerschutzzonen, das internationale Schutzgebiet „Pelagos“ für Meeressäuger, 2 Unterwasserparks sowie Hunderte von Regionalparks und lokalen Schutzzonen. Die Halbinsel beherbergt 57.000 Tierarten (ein Drittel aller Arten Europas) und 5.600 Pflanzenarten, die oft nur an einem Standort vorkommen. Nicht unwichtig ist auch die Originalität der Speisekarte in den italienischen Naturschutzgebieten: Man hat dort 475 typische Nahrungsmittel gezählt.

Nach Meinung aller Referenten beruht ein fortschrittlicher Naturschutz vor allem folgenden Prinzipien:

Erhalt der gerade in den Dolomiten großen Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt. In der Bewahrung eines möglichst umfangreichen genetischen Erbes liegt nach übereinstimmender Meinung aller Experten eine wesentliche Voraussetzung für das erträgliche Leben künftiger Generationen.

Antwort auf den globalen Klimawandel, z.B. durch die Bewirtschaftung der Naturparks mittels erneuerbarer Energien und durch Förderung eines umweltverträglichen Tourismus. Den von der Natur an den Menschen gezahlten Preis müsse dieser im Interesse seiner eigenen Rettung jetzt zurückzahlen.

Zurückweisung des Vorurteils, Naturschutzgebiete seien bloßer Luxus bzw. nostalgische Träumerei und könnten somit nach Belieben haushaltstechnischen und tagespolitischen Erwägungen untergeordnet werden. Naturparks sind weder eine Kompensation für die in den Metropolen bestehenden Umweltprobleme noch Fremdkörper im Staate, sondern dienen der Erholung und Gesundheitspflege. Sie können zu einer Stätte der Heimat werden, sofern eine vertiefte Umweltpädagogik hierzu die Impulse gibt. Dies bedeutet eine ständige Weiterbildung des Naturschutz-Personals, die Verbreitung von Umweltkenntnissen und ein kulturelles Bewusstsein von der Einbettung des Menschen in die Natur.

Überwindung einer statischen Konzeption, die Naturschutzgebieten bevorzugt bewahrende, museale Funktionen zuschreibt und darum die Einwirkung des Menschen auf die Natur möglichst gering halten möchte. Alle Referenten waren sich einig, dass es eher um eine Versöhnung des arbeitenden und konsumierenden Menschen mit der Natur geht. Ein gutes Beispiel hierfür ist die grundlegende Modernisierung der Almwirtschaft. So wurden die Gebäude der Almbauern seit der Gründung des Dolomiten-Nationalparks mit Einrichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energien ausgestattet. Unter Berücksichtigung der Prinzipien des Naturschutzes wurden die hygienischen Gegebenheiten und die Produktionsmethoden den Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts angepasst.

Der Naturpark als Motor einer zukunftsfähigen Entwicklung, z.B. durch die Direktvermarktung von Produkten, und als Laboratorium und Experimentierfeld einer nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen. In diesem Sinne erfolgte die kulinarische Versorgung der Kongressteilnehmer mit Speisen aus dem Nationalpark der Belluneser Dolomiten. Das Bier der Marke „Pedavena“ war mit Zutaten aus dem Nationalpark gebraut. Anstelle von Motorfahrzeugen benutzt die Forstpolizei als Transportmittel bevorzugt Pferde, die sie selbst züchtet.

Schaffung kooperativer Netze: Überwindung der Vereinzelung von Naturparks durch Partnerschaften mit Einrichtungen im In- und Ausland; Zusammenarbeit mit politischen und wirtschaftlichen Institutionen vor allem auf lokaler Ebene; Anbindung der Naturschutzgebiete an die ökologischen und ökonomischen Herausforderungen angrenzender Territorien und die dort wohnenden Menschen; Weiterentwicklung der Naturparks in einer sozioökonomischen Perspektive, wobei die grenzüberschreitende und internationale Vernetzung eine große Rolle spielt; Entwicklung von Strategien zur flächenmäßigen Ausweitung bestehender Naturschutzgebiete, um der verlockenden Utopie eines weltweiten Naturparks näherzukommen.

Info:
www.dolomitipark.it

23.07.2008

Begrüßung durch einen Chor aus den Dolomiten

Speisen aus dem Nationalpark
Weiterleiten:

© Copyright TidPress Terra Italia.