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Chiavenna, eingerahmt von den Bergen des gleichnamigen Tals

Ein kulturreicher Spaziergang durch die Stadt, die den Besuchern immer neue Schätze vorzeigt

Chiavenna, eingerahmt von den Bergen des gleichnamigen Tals

Text und Fotos: Redaktion TiDPress

Chiavenna – Während der Mittagspause ist das Zentrum von Chiavenna nahezu leer, und als Besucher kann man sich durch die schönen Straßen bewegen, um mit der Stadt im gleichnamigen Tal Kontakt aufzunehmen. Die Val Chiavenna (Lombardei, Provinz Sondrio) dringt wie ein schmaler Finger in die Schweiz etwas oberhalb des Comer Sees ein. Die Landesgrenze liegt ein paar Kilometer höher auf der Straße, die den Maloja-Pass nach viele Kurven erreicht und nach St. Moritz führt. Das Postauto aus der Schweiz hält vor dem Hauptbahnhof von Chiavenna.

Ich bin sehr überrascht, als ich vor dem alten Schloss auf ein Beet schaue, aus dem verschiedene Palmen herausragen. Wie ein Schrein, der auf dem ersten Blick nicht auffallend ist, zeigt Chiavenna nach und nach alle seine Schätze. Der Parco Paradiso liegt direkt hinter dem Schloss auf einem Felsen, der inmitten der Stadt wie vom Himmel gefallen ist. Im Felsen befindet sich auch ein Steinbruch für sonderartigen Speckstein, der in Chiavenna lange Zeit unter anderem für geschnitzte Türrahmen benützt worden ist. Gerade viele dieser antiken Manufakturen kann man im Parco Paradiso neben einer reichen botanischen Vielfalt sehen. Dieser städtische Park ist auch eine Art Trekkingpfad, da man sich vom Eingang auf kleinen Stufen nur nach oben bewegt. Die Aussicht auf die Stadt und das Tal wird immer schöner, und der kalte Wind ist kein Hindernis, um sich auf der Spitze aufzuhalten. Der daneben liegender Zwillingspark Castellaccio liegt etwas höher und ist mit dem Paradiso durch eine schmale Brücke verbunden.

Chiavenna, Foto Redaktion TiDPress
Chiavenna

Als ich den Ausgang des Parco Paradiso erreiche, ist es an der Zeit, um mich wieder im Stadtzentrum herumzuschauen. Die Geschäfte haben nun alle auf, und die Hauptstraße, die Via Dolzino, ist sehr belebt. Ich blicke auf hübsche Schaufenster, die zum Einkaufen einladen, aber entscheide mich doch für eine Kaffeepause in der zentrale Piazza Pestalozzi. Hier gefällt mir die Altstadt am besten: In der Nähe befindet sich die alte Brücke über den Fluss Mera mit einer Statue des Heiligen Nepomuk. In einige noch vorhandene Türrahmen aus Speckstein sind Inschriften aus dem 5. – 6. Jahrhundert eingraviert. Auf einem lese ich: In terris aliquandiu at in coelis aeternum. Die philosophisch-religiöse Wahrheit, dass die Menschen auf der Erde doch nicht sehr viel Zeit verbringen, ist Teil einer Art Sammlung aus Sprüchen im Stein, die die Stadt charakterisieren.

Am nächsten Morgen habe ich einen Besuch in der Kirche der Collegiata im Programm. Den schönen Innenhof, den ich schon vom Ausblickpunkt auf dem Parco Paradiso bewundert habe, sieht wie ein Kreuzgang aus, aber ist in der Vergangenheit ein Friedhof gewesen. Der hochragende Kirchturm wird von der Kulisse der um die Stadt liegenden Berge gekrönt. Neben der Kirche San Lorenzo befindet sich der Eingang zur Schatz-Kammer. Der Name klingt übertrieben, wenn man bedenkt, dass es sich um eine kleine Sammlung von Liturgie-Objekten handelt. Doch wenn man vor der Theke mit gepanzertem Glas steht, wo sich die „Pace di Chiavenna“ befindet, scheint die Definition zu verblassen. Wunderbar sieht der Einband des Evangeliars aus aufgesetztem Gold aus dem XI. Jahrhundert aus. Man kann nicht genug darauf blicken, um alle unglaublich schönen und delikaten Details bewundern. Gold, Edelsteine und emaillierte Miniaturen sind harmonisch auf die Oberfläche verteilt.

Chiavenna, Foto Redaktion TiDPress
Chiavenna

Ein spezielles Vergrößerungsglas kann so gesteuert werden, dass man verblüfft noch edlere Einzelheiten sehen kann. Wirklich staunt man aber bei der Vorführung eines Videos, das die Gold-Intarsien mit einer Spezial-Kamera wie eine wundervolle Konstruktion eines Schlaraffenlandes aussehen lässt. In einige der Edelsteine sind Figuren und eine Inschrift in Arabisch eingraviert. Erstaunlich ist zu sehen, wie die Vergrößerung eines Edelsteins klar den Umriss eines Satyrs zeigt. Die offizielle Erklärung ist, dass die Steine schon in anderen Manufakturen verwendet worden sind. Doch bei der sogenannten Pace di Chiavenna sind die Fragen längst noch nicht beantwortet worden. Wer hat dieses Prachtstück hier gebracht? Warum heißt es Frieden? Warum wurde in der jüngsten Vergangenheit wenig darüber gesprochen? Eines scheint mir sicher zu sein: Nur um die „Pace“ zu bewundern, ist schon eine Visite in Chiavenna wert.

www.valchiavenna.com (auch in deutscher Sprache)

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